21 Apr 2015

Ökonomisierung der Hochschulbildung

von Pan Pawlakudis

 

Drittmittelkritik am Beispiel der Grundlagenforschung

(alle Daten und Graphiken – bis auf die Graphik der TU-Darmstadt (2016) – aus April 2015)

 

Mehr als 40.000 Unternehmen kooperieren, mehr oder weniger eng, mit deutschen Hochschulen und partizipieren entsprechend an den Ergebnissen der universitären Forschung und Entwicklung auf unterschiedlichste Art.

Bindeglied zwischen beiden Interessen – Wissen Schaffen um des Wissens Willen und um des Marktes Willen -, ist die Finanzierung universitärer Projekte, deren Ergebnisse, den Finanzierern unmittelbar nutzen. Die direkte Beauftragung von Hochschulen jedoch, in eine vorgegebene Richtung zu forschen, die ins Unternehmensportfolio passt und technologische Trents rechtzeitig evaluiert, nimmt rasant zu. Wo vormals aus Neugierde geforscht und entwickelt wurde und Ergebnisse gesamtgesellschaftlich zur Verfügung standen, ist heute die Vermarktung von konsumorientierten, praktischen Ideen und Produkten, die Kristallisation neuer Anforderungen an die Hochschulwissenschaft.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Drittmittelverlauf am Beispiel der TH Wildau

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entwicklung der Drittmittelverlauf 2007 – 2016

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufteilung nach Gruppen (Quelle: Statista)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Aufteilung nach Bundesländern (Quelle: Statista)

 

Dagegen sieht es der Stifterverband, um seinen Generalsekretär Prof. Dr. Andreas Schlüter (ehemals Mitarbeiter der Bertelsmann Stiftung), völlig anders, wenn u.s. Graphiken als schlüssiges Ergebnis einer tiefgehenden Studie gelten sollen:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Und dennoch preist derselbe Stiftungsverband einen Klick weiter, seinen stetig wachsenden Einfluss auf die in ökonomische Abhängigkeit geratenen Hochschulen!

Zitat: „Stiftungsprofessuren sind aus der deutschen Hochschullandschaft nicht mehr wegzudenken. Derzeit gibt es rund 1.000 privat geförderte Lehrstühle an Hochschulen und Universitäten – Tendenz steigend. Unternehmen sind dabei die wichtigsten Förderer: Sie finanzieren allein 41 Prozent der Professuren. Aber auch Stiftungen, Verbände oder Einzelpersonen können eine Stiftungsprofessur einrichten.“ 

Dabei wird die Strategie der Wirtschaft in ihrer eigenen, vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW Köln) durchgeführten Studie allzu deutlich: Die Bindung der akademischen Landschaft an ihre Belange und Bedarfe! 

Der Stifterverband hält es nicht für nötig, Statements im eigenen Haus auf Plausibilität und Widerspruch zu prüfen. Diametral antipodisch dagegen die Ergebnisse einer Reportage des Bayerischen Rundfunks (BR2). Es mag quantitativ so sein, wie der Stifterverband behauptet, und der prozentuelle Finanzierungsanteil in der Hochschulforschung wenige Prozent ausmacht.

Werden aber von Konzernen fremdfinanzierte Studien etwas näher betrachtet, so ist die Aussagequalität tiefgreifend, wenn sie sich mit Atomkraft, Gentechnik, Freihandelsabkommen und neuen Formen des Regierens befassen! Solche Studien neigen dazu absolutistisch und dogmatisierend zu wirken und eine enorme Hebelwirkung, nicht stets, wie es richtig wäre, zum gesamtgesellschaftlichen Wohl, zu erzeugen.

Universitäten werden nicht zuletzt, ökonomisch überschaubar versteht sich, als exterritoriale Entwicklungsabteilungen der Sponsoring-Unternehmen verstanden. Für die Ausstattung, die Personalkosten und Immobilienunterhaltung und -erstellung darf der Steuerzahler sorgen.

„Alles, was daher würdig ist zu existieren, ist auch würdig, gewußt zu werden; die niedrigsten und häßlichsten Dinge sind darum ebensogut Gegenstand der Wissenschaft als die herrlichsten und kostbarsten; denn das Niedrige und Gemeine hat ebensogut Existenz als das Herrliche. Auch befleckt sich dadurch nicht die Wissenschaft, sowenig als die Sonne, die ebenso über Kloaken hinwegschreitet als über Paläste. Die Wissenschaft ist kein Kapitolium noch eine Pyramide, dem Menschen zur Ehre und zum Stolze errichtet, sondern ein heiliger Tempel, nach dem Muster der Welt in dem menschlichen Geiste aufgebauet.“ Francis Bacon

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