26 Feb 2016

Refugees will come

von Redaktion

 

Transkript des Vortrages, Prof. Dr. Birgit Mahnkopf, vom 26. Febr. 2016, in der Westfälische Hochschule, Campus Recklinghausen

Transkription: Pan Pawlakudis

 

„Refugees will come“: Flucht und Migration im Kontext der ökonomischen Globalisierung

 

Begrüßung: Pan Pawlakudis/iWiPo

Kurze Einführung und Danksagung an die Mitveranstalter von der Westfälsichen Hochschule, dem DGB Region Emscher/Lippe, attac Recklinghausen, dem Evangelischen Kirchenkreis Recklinghausen und der Evangelischen Akademie Recklinghausen.

 

Vortrag
Prof. Dr. Birgit Mahnkopf

Vieles ist schon angesprochen worden aber mir wurde das Thema vorgegeben: „Refugees will come“ also offensichtlich „Flüchtlinge werden kommen“. „Flucht und Migration“ und nicht „Flucht und Asyl“.

Ich suche im Ganzen deutlich zu machen, warum diese seltsame Trennung, die wir in unserer Debatte zwischen Migranten und Flüchtlingen ununterbrochen versuchen zu errichten, irreführend ist und uns in keiner Weise aus den Problemen hinausdefinieren kann.

Lassen Sie mich mit einer allgemeinen Feststellung beginnen, die Ihnen soweit auch vertraut sein dürfte: Migration, Flucht und Vertreibung sind überhaupt kein neues Phänomen, sie gehören zur Menschheitsgeschichte, sie waren in biblischen Zeiten ebenso verbreitet, wie im Römischen Reich und natürlich insbesondere in der jüngeren Geschichte.

Auch in der Vergangenheit wurden große Migrationswellen durch Flucht und Vertreibung ausgelöst, durch Missernten, durch wirtschaftliche Not, durch Umweltkatastrophen, die früher eher lokale Dimensionen hatten und selbstverständlich durch Kriege. Außerdem waren Migration, Flucht und Vertreibung verbunden mit Armut, Unterdrückung und Diskriminierung.

Damit haben wir bereits die Gemengelage beschrieben, wo es eben sehr schwer fallen dürfte, die „richtigen Flüchtlinge“ die definiert sind  – ich komme gleich darauf zurück – von anderen aus ihren Ländern in irgendeiner Weise und aus welchen Gründen auch immer zu unterscheiden.

Was wir gegenwärtig diskutieren oder warum ich eigentlich hier eingeladen bin zu reden, bzw. warum man sich gleichsam täglich in Fernsehen und in den Talkshow´s mit diesem Thema beschäftigt, liegt offensichtlich daran, dass wir den Eindruck haben, Europa ist im Zentrum der weltweiten Flüchtlings- oder gar Migrationsbewegung. Und nichts ist unsinniger als das!

Historischer Abriss

Was allerdings wichtig wäre zu erinnern und dafür ist ein kleiner historischer Einstieg vielleicht ganz wichtig, dass in den vergangenen Jahrhunderten insbesondere Europa der Kontinent war, von dem Migration ausgegangen ist und nicht der Kontinent, der Migranten angezogen hat. Das hat faktisch mit der Phase der Kolonialisierung der Welt und dem Europäischen Imperialismus begonnen vor allem in Richtung Süd- und Nordamerika. Zudem haben wir aber auch eine Periode, Sie erinnern sich vielleicht, in der Europäer aus anderen Regionen der Welt Migration verursachten, wie z.B. durch den  Sklavenhandel.

Der Handel mit Menschen aus Afrika, betrieben durch Briten und andere Europäer, nach Amerika, war europäisch initiierte Migration, Flucht, Vertreibung, Unterdrückung grandiosen Ausmaßes. Daran sollten wir uns erinnern und auch daran, dass die Migrationsprozesse, die mit Flucht und Vertreibung vor allem in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts einherging, durch rassistische Verfolgung und politische Unterdrückung, insbesondere durch Deutsche, verursacht worden sind, die Millionen von Menschen aus Europa heraus bis an die entlegensten Zipfel der Welt getrieben haben, bspw. bis nach Shanghai, wo die letzten jüdischen Migranten, die nicht mehr von den USA aufgenommen wurden, ein mehr oder weniger bescheidenes Überleben gefunden haben.

Und auch die Migration von China, Indien, Japan, von einer Reihe asiatischer Länder ist beträchtlich. Millionen Chinesen bspw. migrierten nach Canada und den Bau der Eisenbahn erst ermöglicht haben und Millionen sind auch dabei gestorben. Diesen chinesischen Migranten wurde bis vor kurzem, nach einer „white only“ Politik – nur Weiße können regulär einwandern –, jede Art der regulären Migration verwehrt worden. In Australien galt diese Politik auch und das Prinzip, dass sich Chinesen nicht dauerhaft niederlassen können, wurde erst 1973 revidiert.

Europa war für lange Zeit der Kontinent, von dem Migrationsprozesse ausgegangen sind, oder von ihm verursacht worden sind. Hätte es diese Migrationsmöglichkeiten in den Rest der Welt nicht gegeben, wären vermutlich die Verheerungen auf diesem europäischen Kontinent in keiner Weise harmlos, wie z.B. die vielen Menschen, die aus Irland wegen einer Hungersnot fliehen mussten, ergänzt durch die vielen Schotten, die, von den Aristokraten ihrer Ländereien beraubt, vertrieben wurden die USA gründeten. Später kamen blutige Bürgerkriege hinzu. Allein Mexico hat nach dem 2. Weltkrieg 50.000 Migranten aus dem spanischen Bürgerkrieg aufgenommen.

Ich will Sie mit Zahlen nicht weiter quälen, aber wir müssen uns ab und zu mal diese Dimensionen vor Augen führen und man kann auch eines sagen: hätte es diese anderen Flecken nicht gegeben, wo Menschen, die aus Europa vertrieben worden sind Zuflucht gefunden haben, wären die Gräueltaten, die wir heute dokumentieren können, höchstwahrscheinlich größer ausgefallen.

Eines kann man auch feststellen, und das ist meine letzte Eingangsbemerkung: im Gegensatz zu damals, kurz nach dem 2. WK, sind sehr viele Menschen nach Australien und Neuseeland ausgewandert. Dies waren noch die letzten „weißen Flecken“; so wurden von Europäern Regionen bezeichnet, die nicht von ihnen besiedelt worden sind. Natürlich waren diese Landstriche nicht weiß, im Sinne, dass dort niemand lebte! Das Prinzip war in der Regel, dass die einheimische Bevölkerung entweder von den Europäern vernichtet wurde oder aber so behandelt wurde, dass sie eines mehr oder weniger natürlichen Todes starben.

Mit der zweiten Phase der Globalisierung – die erste wird im Wesentlichen mit dem britischen Empire gleichgesetzt -, die in den 1970. Jahren begann und wir heute mit dem Neoliberalismus gleichsetzen, gibt es nicht nur keine „roten Flecken“, Regionen die noch nicht vom kapitalistischen Prinzip vereinnahmt wurden, es gibt auch keine „weißen Flecken“ mehr auf der Welt. Wir haben es heute in der Tat mit einer sehr viel dichterbevölkerten Welt zu tun, so dass das, was seit dem Beginn der Industrialisierung immer das wunderbare Prinzip war „wir sorgen mit den Instrumenten des Industriekapitalismus für Produktivität“, soll heißen, wir erklären die Menschen für überflüssig und für diese überflüssigen Menschen, so hat es David Ricardo ausgedrückt, hat man früher in der Tat Territorien gefunden, wo man sie verschieben konnte. Das waren die Siedlerkolonien zunächst einmal. Aber auch nach 1945 konnten Menschen in Territorien hin flüchten, die relativ dünn besiedelt waren.

Davon kann nicht mehr die Rede sein. Das heißt, heute haben wir keine „weiße Flecken“ mehr, wo man sagen kann, das wäre doch ein Raum, wo man die demnächst anstehenden Millionen Bangladeschi, die aufgrund der Umweltverheerungen ihren Boden buchstäblich unter den Füßen verlieren, umsiedeln kann!

Alle Flüchtlinge sind Migranten

Das zweite Statement, die zweite Bemerkung wäre, alle Flüchtlinge sind Migranten, aber nicht alle Migranten sind Flüchtlinge. Und damit haben wir nicht nur ein definitorisches Problem!

Nach der Genfer Flüchtlingskonvention von 1951, die inzwischen von fast allen Ländern, unterschrieben wurden, ist ein Flüchtling eine Person, die sich außerhalb ihres Heimatlandes aufhält, weil sie aufgrund ihrer Rasse, ihrer Religion, ihrer Nationalität, ihrer politischen Überzeugung oder der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe verfolgt wird und nicht zu einer Rückkehr gezwungen werden kann und deswegen Asyl bekommen sollte.

Um es klar zu machen: Es geht nur um diejenigen, die aufgrund dieser spezifischen Merkmale, sich außerhalb ihres Landes aufhalten. Deswegen ist die Genfer Konvention inzwischen quasi wie das internationale Recht für die Staaten, die sie unterzeichnet haben. Diese Staaten, die unterzeichnet haben, sollten diesen Menschen Asyl gewähren. Dies erfolgt nach unterschiedlichen nationalspezifischen Gegebenheiten. Wir in der Europäischen Union wissen, dass wir alles Mögliche vergemeinschaftet haben, insbesondere unsere Handelspolitik aber Asylpolitik ist nach wie vor nationales Recht und da gelten unterschiedliche Definitionen.

Für Deutschland gilt, dass eine Verfolgung zielgerichtet sein muss. Um in Deutschland Asyl zu bekommen, und nur ein Flüchtling kann Asyl beantragen, um den Status eines Flüchtlings zu bekommen, muss nachgewiesen werden, dass es die persönlichen Merkmale des Bewerbers oder der Bewerberin sind, die zur Vertreibung geführt haben und nicht die Tatsache, dass in ihrem Land Krieg herrscht, ist ein hinreichender Grund Asyl zu bekommen.

Es gibt andere Konventionen auf internationaler Ebene, die man genauso ernst nehmen könnte, wie die Genfer Flüchtlingskonvention. 1990 wurde eine Konvention formuliert, die Migranten betrifft und nach dieser Konvention sollen Migranten dieselben Menschenrechte genießen, wie die einheimische Bevölkerung. Sie können sich vielleicht vorstellen, dass diese Konventionen vor allem von Entwicklungsländern unterzeichnet wurden und von den meisten Industrieländern nicht!

Genauso wenig, wie zwei Konventionen von internationalen Arbeitsorganisationen, wo es um Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Migranten und einheimischer Bevölkerung geht. Was aber einige Länder unterzeichnet haben, sind neuere Konventionen in denen es um Menschenhandel und Menschenschmuggel geht, aber da diese Konventionen sich an die Nationalstaaten mit der Aufforderung richtet, sie sollen Gesetze verabschieden, die Opfer von Menschenhandel und –schmuggel zu schützen, kann man auch da nicht von einer ernstzunehmenden Implementierung dieser Konventionen reden. Das heißt, das einzige was wir haben ist diese Genfer Flüchtlingskonvention, die, um es simpel zu sagen, zwischen Migranten und Asylsuchenden sehr klar unterscheidet, die in den Status von Flüchtlingen kommen könnten. Migranten sind durch diese Konvention nicht geschützt.

Die Last der Vertreibung

Entgegen der Meinung, dass alle Flüchtlinge vom Süden in den Norden, von den armen in die reichen Länder streben, leben 9 von 10 Flüchtlingen in Entwicklungsländern. Diejenigen Länder, mit den meisten Flüchtlingen, sind die Türkei, Pakistan, Libanon, Iran, Äthiopien, Jordanien. Ja, wir haben in den letzten 5 Jahren eine Zunahme von Flüchtlingen weltweit, aber wir können auch sehen, dass 86% aller Flüchtlinge auch 2014 (Zahlen des Norwegischen Flüchtlingsrates. 2015 werden sich die Zahlen leicht verändern) die meisten Flüchtlinge in Entwicklungsländer leben. In Europa waren gerade mal 3,1% aller weltweiten Flüchtlinge (Anm.: registriert). Heute sind es ein paar mehr, aber letztlich sind es Zahlen, die uns deutlich machen, die Last von Flucht und Vertreibung tragen Länder, die deutlich ärmer sind als wir.

Wenn wir uns angucken wo Deutschland steht; nun, bei der Flüchtlingsbevölkerung weltweit, das heißt ja nicht, dass sie alle schon Asyl hätten, steht an erster Stelle die Türkei, gefolgt von Deutschland auf dem 20. Platz. Das ist quasi der Vergleich mit anderen Ländern. Wen wir uns Deutschland anschauen, im Sinne von „wie hat sich das entwickelt?“, kann man ja sagen „ok. es ist ja nicht beruhigend, weil wir das – im Bezug auf das, was wir verkraften können – so war nehmen und nicht das, was die Pakistani oder die Türken verkraften könne!“, ist der Sachverhalt trotzdem irritierend, dass wir im Jahre 2014-2015, da wo die Debatte hoch zu kochen begann, 476.000 Asylanträge in Deutschland hatten. Asylantrag heißt mitnichten, dass die, die Asylbeantragen auch Asyl bekommen. Wir hatten bis 2015 eine Anerkennungsquote von ca. 46%. Es kann sein, dass sie 2016 etwas höher ist, aber die Wahrscheinlichkeit, dass sie wesentlich drüber liegen wird, ist gering. Aber, wenn wir die Zahl von einer halben Million Asylanträgen vergleichen, dann stellen wir fest, es ist ein wenig mehr, als das, was wir im Jahre 1993 als Asylanträge in Folge der Kriege auf dem Balkan hatten. Gar nicht zu vergleichen mit den Millionen von Flüchtlingen nach dem 2. Weltkrieg, als wir deutlich ärmer waren, mehr oder weniger gut, in einer mehr oder weniger langen Zeit in irgend einer Form verkraften konnten. Ich lasse das einfach so stehen um deutlich zu machen, es handelt offensichtlich um ein Phänomen, bei dem uns manchmal die Brille verloren geht, wenn wir es in eine Relation zu dem setzen, was in anderen Regionen der Welt passiert.

Lassen Sie mich jetzt in einem zweiten Schritt zu den Ursachen von Migration und Flucht kommen. Natürlich stehen Armut, Ungleichheit, politische und religiöse Unterdrückung und Verfolgung meistens im Zentrum. Das wird heutzutage in einem zunehmenden Maße durch ökologische Degradation und Umweltkrisen verstärkt. Oder um es am Beispiel Syriens noch einmal zu sagen und das ist inzwischen gut dokumentiert, dass Syrien, das zu den sehr fruchtbaren Ländern des sogenannten Halbmondes gehört, im Norden in den Jahren 2006 bis 2011 eine der schwersten Dürren hatte, die das Land jemals erlebte.

Was bedeutet eine Dürre? Wir haben diese Dürren im Übrigen gegenwärtig in Äthiopien und Malawi und es redet keiner davon, wieviel Millionen von Menschen auf den Weg machen, weil sie dort wo sie leben, sich nicht mehr ernähren können bzw. verhungern. Afrika ist sowieso zu weit weg für uns, wenn wir nicht gerade von dort Rohstoffe haben wollen!

Der Effekt war, und so ist er überall, die Erträge der Bauern auf ihren Anbauflächen sinken. Wenn sie gleichzeitig verschuldet sind müssen sie gezwungener Maßen ihre Tätigkeit aufgeben. Die Migration erfolgt zunächst innerhalb des Landes in die großen Städte; wenn Sie dann aber, ich werde später darauf zurückkommen, eine Konstellation haben, wie in allen Ländern des Mittleren Ostens, dass sehr unterschiedliche Volksgruppen, unterschiedlicher Religions- und Clanangehörigkeit und unterschiedlicher Konfliktgeschichte eng bei einander leben, werden Sie feststellen, dass z.B. in Syrien – und von innen wie von außen zugespitzt – der Konflikt zwischen den von den ländlichen Regionen in die Städte Migrierenden bei gleichzeitiger Anwesenheit von Millionen irakischer Flüchtlinge, zu einer enormen Spannung zwischen eben diesen Gruppen geführt hat und gleichzeitig das Regime absolut unfähig darauf reagiert hat, nämlich in keiner Weise, diese sozialen Spannungen mit der entsprechenden Unterstützung von Bauern abzufangen.

Ökologische Degradation

Ökologische Degradation, Armut und Ungleichheit gehen heute in einem sehr Sinne zusammen, aber ganz wesentlich ist die ökonomische Destabilisierung durch Welthandel und Finanzkrisen. Alle drei Elemente, die ich bislang genannt habe, sind in der Regel mit bewaffneten Konflikten, mit Repression, in zunehmenden Umfang mit Bürgerkriegen verbunden.

Aber das erste Statement zu den Ursachen von Flucht und Migration lautet: Was die Gemengelage von Fluchtursachen erzeugt, ist sowohl freiwillige Migration, als auch erzwungene Migration. Ich würde lieber diese Formen der Unterscheidung wählen, als die seltsame Unterscheidung zwischen Flüchtlingen und Migranten zu machen.

Es gibt freiwillige Migration, das ist Arbeitsmigration, die dauerhaft oder zeitlich befristet sein kann, es gibt befristete Migration in Form von Studien – 90% meiner Studenten sind in diesem Sinne zeitlich befristete Migranten, weil sie zum Studieren ins Ausland gehen und die meisten von ihnen gehen in ihre Heimatländer zurück – und Familienzusammenführung gehört auch zur freiwilligen Migration.

Erzwungene Migration sind politische Flüchtlinge, sind Bürgerkriegsflüchtlinge und sind Umweltflüchtlinge. Aber Umweltflüchtlinge, um noch einmal auf die Genfer Konventionen zurück zu kommen, gelten nicht als Flüchtlinge, weil die Definition sagt ja, es muss eine persongerichtete Vertreibung oder Verfolgung sein. Wer „nur“ flüchtet weil er keine Lebensgrundlage hat, der gilt nach der Genfer Flüchtlingskommission nicht als Flüchtling. Ich komme später noch einmal darauf zurück.

Ich möchte nur eines klar machen; wenn ich zwischen freiwilliger und unfreiwilliger Migration unterscheide und bei der einen Gruppe, der unfreiwilligen, all die Flüchtlinge enthalten sind über die wir reden, dann ist auch klar, dass ökonomische Motive, letztendlich bei beiden Gruppen zu Grunde liegen. Die ökonomischen Motive kann ich doch nicht ausschließen! Ich muss ja in irgendeiner Form überleben und dafür sind, in der Tat, ganz bestimmte, funktionierende Strukturen Voraussetzung und in allen möglichen Konstellationen, wie wir sie heute haben, sind sie nicht mehr gegeben.

Phänomene von Flucht und Vertreibung

Ich will jetzt etwas näher auf die einzelnen Triebkräfte eingehen, die Flucht und Vertreibung, in Zeiten der Globalisierung, zu etwas anderem gemacht haben, als das, was es schon immer war. Auch wenn ich im Vorfeld mit der Historie begann, so würde ich schon sagen, wir haben es heute mit neuen Phänomenen zu tun.

Das erste Phänomen ist die wachsende Ungleichheit zwischen Industrie- und Entwicklungsländern. Es gibt vernünftige Methoden, mit denen man versuchen kann zu kalkulieren, wie sich das Wirtschaftswachstum in den letzten 2.000 oder länger entwickelt hat. Im Grunde ist es egal, wie lange. Es gibt eine einzige klare Message, die da lautet: wirtschaftliches Wachstum, wie wir es kennen, gab es bis zum Beginn der industriellen Revolution faktisch nicht. Das heißt nicht, dass es immer ein gleiches Maß an wirtschaftlicher Aktivität gab. Es gab ein Schwanken um einen Punkt herum, zwischen 0,1 und 0,2 oder -0,1 und -0,2. Aber es existierte etwas, wie ein Gleichgewichtszustand. Wenn ich es auf lange Zeiträume betrachte, sieht der Graph eben (horizontal) aus. Wirtschaftliches Wachstum beginnt erst mit der industriellen Revolution und das heißt, mit dem Zugriff auf fossile Energieträger. Ab da gibt es grandiose Ausschläge in der berühmten 2. Phase seit den 1890. Jahren.

Was man auch sieht an den Graphiken von Angus Maddison, dem Wirtschaftswissenschaftler, der sie zuerst für die OSCD gefertigt hat, ist, dass mit der Zunahme von Wachstum in einem historisch unvergleichlichen Umfang – was es so künftig nicht mehr geben wird -, auch die Ungleichheit zwischen den Regionen zugenommen hat. Um 1900 herum war es keine besonders nette Zeit und dennoch war der Unterschied zwischen den unterschiedlichen Einkommen zwischen den reichsten 5% der Länder und 5-10% der ärmsten Länder betrug gerade mal 9 zu 1. Im Jahre 2008 wuchs dieser Unterschied auf 100 zu 1. Das heißt, wir haben mit den enormen Wachstumssteigerungen auch exorbitante Steigerungen von sozialer Ungleichheit.

Kürzlich wurde eine Studie veröffentlicht, die zeigt, wie dieser Prozess in den Jahren von 1988 bis zur Gegenwart eine zusätzliche Steigerung erlangt hat. Die reichsten 10% der Länder haben es in diesem Zeitfenster, der letzten 20-30 Jahre, inzwischen auf 46% Reichtumssteigerung gebracht, wobei die ärmsten 10%, gerade mal einen Zuwachs von 3 US-Dollar erreicht haben. Es ist nicht nur so, dass es eine Ungleichheit ist, dass diese Schere immer weiter aufgeht, sondern, dass selbst innerhalb der Reichen, die sehr Reichen immer mehr abgreifen.

Dass das zusammen mit dem zweiten Treiber von Migrationprozessen, die den Menschen faktisch in einem immer größeren Umfang überflüssig machen, ein Begriff den der britische Ökonom David Ricardo (18.04.1772 – 11.09.1823) prägte – er sprach von der überschüssigen Bevölkerung -, für diejenigen Menschen, die weder für Produktion noch für Konsumtion benötigt werden und einerseits die notwendigsten Mittel zum Überleben fehlen und anderseits jede Verbesserungsperspektive verwehrt wird, Migration eine Option ist, die nicht schlechter ist, als das Überleben unter den Bedingungen, unter denen sie leben, kann man sich sehr wohl vorstellen.

Wenn man Schilderungen von Migranten aus Afrika hört, die sagen, dass sie sehr wohl wissen, dass sie im Mittelmeer sterben können, aber auch wissen, dass sie in ihren Herkunftsländern auch sterben können, versteht man, dass sie alles versuchen werden und wenn sie dabei umkommen, haben sie ihre Entscheidung eigenverantwortlich getroffen und haben es zumindest versucht aus ihrer Situation heraus zu kommen.

Aber es bringt mich auch auf den zweiten Treiber und er hat auch genauso viel mit dieser ökonomischen Globalisierung zu tun. Sie hat als wesentliche Basis, die modernen Informations- und Kommunikationsmedien. Wir müssen sehen, dass das, was hier anfangs, als wir viele Bilder von Flüchtlingen gesehen haben, waren hiesige Menschen schockiert, dass alle Syrer iPhone´s hatten! Ja, und sie sind es immer noch! Sie finden, dass es irgendwie nicht in die Hände von Flüchtlingen gehört. Sie übersehen dabei, dass Globalisierung auch bedeutet, dass Migration informationstechnische Integration zwischen Herkunfts- und Zielländer bedeutet. Und zwar nicht nur in Zeiten, wo Bürgerkrieg herrscht, sondern strukturell.

Es gibt sehr schöne Migrationsstudien, die zeigen, der erste Migrant, der in ein fremdes Land geht, hat eine extrem hohe Hürde, bevor er weiß, was er tun kann, wen er ansprechen kann, wo er Arbeit und eine Unterkunft finden kann. Für alle, die nachkommen gibt es bereits Kontaktpersonen, gibt es Netzwerke und Möglichkeiten Geld zu überweisen, über Routen Bescheid zu wissen, welche Schlepper, was kosten. All das ist unmittelbar lebensnotwendig, auch für den Einstieg in den Arbeitsmarkt, die Wohnungssuche und nicht zu vergessen für Rücküberweisungen von Migranten (in die Herkunftsländer).

Die Weltbank schätzte für 2004 die Rücküberweisungen von Migranten auf 226Mrd. US$. Das war mehr, als in den meisten Entwicklungsländern geflossenen Entwicklungshilfen und Direktinvestitionen. Rücküberweisungen von Migranten sind das Mittel, wie man die Unterschiede zwischen den reichen Ländern und den Entwicklungsländern verringert, nicht abschafft aber verringert.

Die informationstechnische Integration ist natürlich ein Treiber, denn man weiß heute in einer anderen Weise als früher, hier gibt es eine Möglichkeit, das und das muss ich tun um dort hinzukommen. Das Aufladen von Handy´s auf der Route nach Europa, ist so lebensnotwendig wie Wasser, denn sonst wüsste ich gar nicht, wo ich hingehen sollte.

Der dritte und wichtigste Punkt ist selbstverständlich die subalterne Rolle, die Länder des globalen Südens im geoökonomischen Wettbewerb spielen. Ich glaube nicht, dass ich es hier besonders ausführen muss, weil sie das vermutlich schon tausend Mal gehört haben, in welcher Form die Liberalisierung des internationalen Handels, Länder des Südens nur in einer subalternen Form in den Weltmarkt integriert.

Um es sehr simpel zu sagen: Freier Handel ist etwas Wunderbares für Volkswirtschaften, die sich in einem ähnlichen ökonomischen Niveau befinden. Es ist nicht so fürchterlich vorteilhaft, wenn dieser freie Handel zwischen kleinen und großen Volkswirtschaften, zwischen kleinen und großen Unternehmen stattfindet und für eine Gruppe von Menschen, und die gibt es in der Tat in den meisten Ländern des Südens noch immer in großer Zahl, z.B. kleine Bauern, ist freier Handel desaströs. Da haben wir hinsichtlich Stabilität negative Wirkungen der Globalisierung. Dasselbe gilt selbstverständlich für die Deregulierung von nationalen Kapital- und Arbeitsmärkten, denn auf diese Weise wird immer existierender Schutz für Arbeit, der in einem Land stärker sein mag und in einem anderen stärker, Schutz für Umwelt wird durch Deregulierung abgebaut, wobei dummerweise, die Freiheit, die man den Produktionsfaktoren zugesteht, eine sehr viel geringere ist für die Arbeit, denn für das Kapital. Es heißt, im Austausch gegen den Abbau von Schutz, kann Kapital wunderbar miteinander konkurrieren. Ja schön, aber Arbeitskräfte können das eben nicht, weil für sie die Freiheit begrenzt ist, weil für sie eben nicht der eine Arbeitsmarkt genauso offen steht, wie der andere Arbeitsmarkt.

Privatisierung

Hinzu kommt selbstverständlich die Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen, denn für all diejenigen, die nicht über ihre Erwerbsarbeit genügend Einkommen erzielen können, ist die unentgeltliche oder günstige Bereitstellung von Gesundheits-, Bildungs- und anderen Dienstleistungen – früher hätte man vom Soziallohnbestandteil gesprochen -, eine wesentliche sozioökonomische Sicherheit, obwohl mein Erwerbseinkommen vielleicht miserabel ist, mir eine minimale Decke garantiert.

Wir wissen alle, dass die Privatisierung öffentlicher Güter und Dienstleistungen heutzutage entweder freiwillig oder wie in den Ländern des Südens, sehr häufig durch die Weltbank und den IWF, erzwungen wird. Hinzu kommt etwas, das sich insbesondere in den letzten 20 Jahren dramatisch entwickelt hat: die Aufsplittung von Produktion und Dienstleistung in langen und globalen Wertschöpfungsketten. Sie haben den unangenehmen Effekt, dass sie quasi an der Spitze dieser Wertschöpfungsketten, gleichsam Konkurrenz aushebeln. Oligopolistische Kontrolle könnte man sagen, weil an der Spitze der großen Konzerne macht man keinen Gewinn mit Produktion. Diese Konzerne Profitieren – im wahrsten Sinne des Wortes – von den Eigentumsrechten, der Patentvergabe und ähnlichen Dingen. Nur das Unten, wo etwas hergestellt wird, wird in Länder verlagert, die bestimmte und günstige Produktionsfaktoren anbieten, z.B. miserable Löhne. Dort herrscht dann schreckliche Konkurrenz, wenn bspw. in China die Löhne steigen und die Schuhproduktion nach Vietnam verlagert wird.

In diesen Ländern wird grandioser Wettbewerb erzeugt und an der Spitze überhaupt keiner. Dies hat für die Länder des Südens ziemlich unangenehme Folgen, weil in der Regel befinden sich nur arme Regionen in wechselseitiger Konkurrenz. Hinzu kommt auf der Ebene dessen, was wir unter ökonomischen Tausch verstehen, der ökologische Tausch. Wenn wir uns die Daten hinsichtlich der EU anschauen, kann man sagen, dass 1/3 all dessen, was wir konsumieren, basiert auf Wasser und auf Rohstoffe, die anderswo ihre negativen Folgen erzeugen. Mit anderen Worten: mit jedem Paar Schuhe importieren wir 6.000 Liter Wasser, die im Produktionsland nicht mehr zur Verfügung stehen und weil das Färben von Leder bekanntlich extrem Umweltschädlich ist und viel Wasser benötigt. Das ist nur ein Beispiel.

Wir importieren faktisch virtuell Land und wir zerstören Land woanders z.B. durch den Import von Rohstoffen, die aber woanders negative Folgen verursachen. Das ist eine der Erklärungen, warum wir hier, was die CO2 Emission anbelangt, so super abschneiden. Wir lassen ja die dreckige Produktion in einem sehr großen Umfang woanders machen.

Im Hinblick auf diese Art von globaler Arbeitsteilung haben die Länder des Südens eigentlich den schwarzen Peter gezogen. Sie sind entweder subaltern integriert, weil sie, quasi auf der Ebene der globalen Wertschöpfungskette, Konkurrenz im unteren Bereich miteinander betreiben oder aber, sie dürfen Rohstoffe exportieren und das bedeutet die vielfache ökologische Degradation in ihren Ländern. Wir konnten wunderbare Profite erzielen mit der Kombination aus Arbeit, Know-how und Wissen, uns aber nicht unbedingt mit den Folgen auseinandergesetzt haben.

Aber, es gibt einen Faktor: die Migration. Migration ist die einzige Form, könnte man sagen, wo eine partielle Inklusion des globalen Südens in das Wirtschaftsgeschehen und solange das positiv ist, ökonomisch erfolgreich ist, ist der globale Süden auch partiell eingeschlossen. Nur über die Migration sind die Länder des Südens in irgendeiner Form, egal wie ausbeuterisch die Arbeitsverhältnisse sind, denen diese Menschen unterworfen sind, am ökonomischen Modell beteiligt und es ist dann auch egal ob Frauen als Hausmädchen oder Männer zu Dumpinglöhnen auf dem Bau und in der Landwirtschaft in Europa arbeiten, ist es trotzdem die einzige Form, wie die Länder des globalen Südens in einem gewissen Umfang positiv integriert werden in die globale Ökonomie.

Umweltkatastrophen

Ich möchte den Umweltaspekt nicht weiter ausführen. Ich denke, Sie sind damit schon vertraut, dass Umweltzerstörung heute in einem grandiosen Umfang mit Migrationprozessen einhergeht. Ich habe für Sie ein Zitat des Direktors der Münchener Rückversicherung herausgesucht: „Der Klimawandel wird zukünftig wohl zu den größten Treibern der Migration zählen“. Daraus schlussfolgert der Verfassungsrechtler Prof. Merkel „Der rechtliche Status der Umweltflüchtlinge muss dringend geklärt werden“.

Wir werden künftig sehr viele Umweltflüchtlinge haben und sie genießen keinerlei Schutz nach der UN-Konvention. An dieser Stelle werden wir ein Problem haben, das korrigiert werden muss, denn es ist auch klar, wo die meisten dieser Flüchtlinge „produziert“ werden: im subsaharischen Afrika, weil dort bereits jetzt Energie, Wasser und billige Lebensmittel knapp sind und mit jeder Dürre kein Puffer mehr da ist. Gleichzeitig ist es die Region, in der die Bevölkerung noch einige Jahrzehnte weiter wachsen wird. Was sich dort aufbaut ist ein gewaltiger Druck und da fand ich es in der Tat etwas irritierend in einer Zeitungsnotiz über die kürzlich stattgefundenen Münchner Sicherheitskonferenz, auf der auch beschlossen wurde die Nato zur Flüchtlingsabwehr einzusetzen – wenn man davon ausgehen kann, dass Afrika für Europa in den nächsten Jahren ein Hotspot für Migration werden wird, vor allem in Folge des Klimawandels und der anhaltenden Armut und Perspektivlosigkeit und der Ausbreitung eines religiös gestützten Terrorismus – zu lesen, dass als über die Fluchtgründe in Afrika gesprochen wurde, der Saal halbleer gewesen sei!

Wir diskutieren selbstverständlich hier nicht, wie bspw. Australien mit Flüchtlingen aus Südostasien umgeht, obwohl für diejenigen, die sich damit beschäftigen, dies eine Vorlage ist. Australien zahlt kleinen Inselstaaten dafür, um Flüchtlinge dort – unter extrem katastrophalen Bedingungen – zu internieren. In diesem Sinne, denke ich, ist klar, was es bedeutet wenn ich über Flüchtlingsabwehr rede und gleichzeitig eine Region vor der Haustür habe, in der zukünftig aller Voraussicht nach, die größten Migrationsprozesse in Gang gesetzt werden. Wo bitteschön sollen Afrikaner anders hingehen, als nach Europa? Alles andere wäre ein Ausdruck von Ignoranz!

Wenn ich sage, dass Umweltkrisen in Zukunft die Treiber von Migration sein werden, dann sage ich auch, es ist unser fossilistische Kapitalismus, der diese Krisen verursacht. Das perverse mag sein, dass in kürzerer Zeit, nicht in 2030 oder 2040, wo man mit diesen schweren, großen Wanderungsbewegungen zu rechnen hat, sondern kurzfristig zu registrieren sein werden und ich meine damit aus Ländern, die abhängig sind von Ölexporten und im Augenblick kurz vor dem Kollaps stehen. Ein Land wie Russland wird wohl nicht so schnell kollabieren obwohl es so vom Öl abhängig ist, aber ein Land wie Nigeria, ein Land wie Angola, das gleichsam alles über die Ölverkäufe finanziert, ist nicht in der Lage, bei der großen, jungen Bevölkerung, die es hat, in irgend einer Weise in kurzer Zeit irgendeine Art von Kompensation zu schaffen. Wir müssen uns vor Augen führen, dass die Abhängigkeit von eben diesem Modell auch noch ganz andere Folgen haben mag.

Kriege und Konflikte

Vorletzter Punkt, was die Ursachen von Flucht und Migration anbelangt, ist selbstverständlich die Rolle gewaltsamer Konflikte und Kriege, insbesondere die Kriege, die ich Ihnen aufzeigen möchte. Erstens eine Zahl die Sie behalten sollten: nach dem Ende des Kalten Krieges, zwischen 1990 und 1995 verortet, waren 70 Staaten in 93 Kriege verwickelt und 5,5Mio. Toten.

Nahezu alle Migrationswellen seit den 1990. Jahren wurden durch innerstaatliche Konflikte und Verfolgung ausgelöst. Sehr wenige Konflikte und Kriege waren zwischenstaatliche Kriege. Wenn man den Studien eines schwedischen Institutes Glauben schenkt, waren diese Kriege gewaltsamer als vorherige. Das hat auch sehr viel mit der unglaublichen Verfügbarkeit von Kriegswaffen zu tun und unter anderem natürlich mit unseren (Deutschland, Frankreich, Großbritannien) Exporten. Ich habe eine Zahl gefunden, wonach die Briten in diesem Jahr, so viele Waffen nach Saudi Arabien liefern, wie schon lange nicht mehr.

Ins Bild passt natürlich auch, dass die BRD gerade für 7,8Mrd. Euro Waffen nach Qatar geliefert hat. Wir wissen wo die Waffen produziert werden, wissen, dass die Waffen Kriege gewaltsamer machen, tödlicher machen und vor allem dazu führen, dass sie länger dauern. Häufig ist es so, wenn sich Kriegsparteien, wie die USA, zurückziehen aus einem Gebiet, wie Mossul, lassen sie einfach ihre schweren Waffen zurück und irgendjemand sammelt sie dann auf. Offensichtlich ist es so, dass IS Kämpfer mit den Waffen auf andere schießen, mit denen sie selbst beschossen wurden und werden.

Waffenexporte sind ein ganz wesentlicher Aspekt, die diese Zunahme von Kriegen und die größere Gewaltsamkeit, mit den diese Kriege ausgeführt werden, erklären. Natürlich gehört dazu auch etwas, worüber man sehr lange, sehr ausführlich reden müsste. Das, was die Amerikaner „The great middel east“ nennen, wo sie und ihre Verbündeten – wir immer mitten drin – in den letzten 70 Jahren „Regime chance“ durch CIA oder Militäreinsatze verhinderten oder Regimewechsel initiierten um in diese Länder angeblich die Demokratie zu bringen, ist eines weiteren Vortrag Wert um zu klären, warum die Situation in Nahost so ist, wie sie ist.

Ganz sicher spielt eine wesentliche Rolle, dass es eine Region ist, die sich die europäischen Mächte – zunächst wesentlich die Briten und die Franzosen und Deutschland hat auch irgendwie mitgespielt – unter sich aufteilten, weil sie das Osmanische Reich beerbt haben. Genau genommen ist das Osmanische Reich in die Geschichte als ein Reich von sehr langer Stabilität eingegangen, wo man jeden so leben ließ, wie er leben wollte, wenn die Steuern abgeführt wurden. Dieses Reich ist durch Kriege in eine schreckliche Verschuldungsspirale gelandet.

Am Ende und ich glaube nicht, dass uns bewusst ist, dass der Begriff der Kapitulation von der Aufgabe des Osmanischen Reiches herstammt. Es hat etwas mit Kapital zu tun. Das Osmanische Reich war am Ende so grauenhaft, vor allem bei den Briten, verschuldet, aber auch bei anderen europäischen Mächten, dass sie quasi ihre Gebiete aufgeben mussten. Es gibt ja diese wunderbaren Karikaturen aus dieser Zeit, wo die europäischen Mächte sitzen und überlegen, wer welches Teilchen bekommt. Das ist die Zeit (1916), wo die berühmte Sykes-Picot Linie gezogen wurde: Hier das französische Einfluss- und Mandatsgebiet, dort das britische und da müssen wir den russischen Bär eindämmen, weil er könnte auch noch Ansprüche stellen, der muss von Afghanistan ferngehalten werden.

Im Wesentlichen ist das Gebiet unter den Briten und den Franzosen aufgeteilt worden und den Arabern hatte man versprochen „wenn ihr euch am Kampf gegen das Osmanische Reich beteiligt, dann werdet ihr unabhängig. Aber erst dann, wenn ihr reif dafür seit“. Über diese „Reife“ haben diese alten europäischen Mächte versucht zu entscheiden und später, nach dem 2. Weltkrieg, als es mit den europäischen Mächten nicht mehr so weit her war, waren es die Amerikaner, die diese Politik fortgesetzt haben.

Es lief immer nach dem alten Muster. Im Jahre 1939 wurde ein Zitat durch den US-Amerikanische Präsidenten Roosevelt bekannt: „he’s a son of a bitch, but he’s our son of a bitch“ (er ist zwar ein Hurensohn, aber er ist unser Hurensohn), bezogen auf den Diktator Somoza, der mit seiner Familie, Nicaragua 40 Jahre lang in einem Höllenregime regierte, man kann sagen, beherrscht hat. Und es war einer dieser „Hurensöhne“ und ich habe hier eine Liste von „Hurensöhnen“…da habe ich Mubarak, Ben-Ali in Tunesien und ein schönes Bild, wo man den italienischen Präsidenten Romano Prodi sieht wie er shakes-hands mit Gaddafi macht, der ja sehr viel Geld von uns bekommen hat, damit er uns die Flüchtlinge „vom Hals hält“ und das letzte Bild, das ich gefunden habe, ist ein Bild wo unser EU-Präsident Herrn Erdogan die Hand schüttelt. Man kann die Bilder gleichsam austauschen.

Das Prinzip lautet immer dasselbe: Es gibt in unserem Interesse Leute, die wir stützen wollen und egal welche Schweinereien sie machen, solange sie unseren Interessen dienen, verfolgen wir das Prinzip „teile und herrsche“, das alte Prinzip der Imperialisten. Sie haben diese Gebiete, die wir heute Irak nennen oder Syrien nennen, auf der Landkarte gezeichnet, nicht nur nach dem, was sie jeweils wollten, sondern vor allen Dingen nach dem Prinzip „ich bringe möglichst viele Ethnien, Religionsgruppen usw. zusammen, die längere Konflikte miteinander haben“. Am besten keine ethnisch oder religiös homogenen Gebiete. Das wäre im Osmanischen Reich auch gar nicht gegangen!

Geschnitten wurden diese Gebiete in der Tat so, dass möglichst viele Konflikte innerhalb dieser Gebiete eingefangen waren, so dass man immer, dieses Prinzip „teile und herrsche“, wo man heute mal diese und morgen mal jene privilegierte. Und dieses Prinzip ist bis zum heutigen Tag, letztlich durch die Art und Weise der Stellvertreterkriege in dieser Region und aus der Sicht bspw. der Amerikaner, für die ist es der „große mittlere Osten“ und reicht in der Tat bis Afghanistan und Pakistan. Es ist nicht nur Nordafrika und die arabische Halbinsel.

Grenzökonomie. Die neuen Geschäftsfelder

Bevor ich das Ende erreiche, möchte ich noch den 6. Punkt erwähnen. Er ist mir eigentlich erst bei der Recherche aufgefallen. Es gibt ein Netzwerk von kritischen Journalisten aus ganz Europa und über Europa hinaus. Die haben recherchiert, was ich Grenzökonomie nenne, einen neuen Aspekt der Globalisierung, die sehr viel mit Migration, Flucht und Vertreibung zu tun hat. Dieses Netzwerk hat darüber recherchiert, wie sich neue Geschäftsfelder dadurch bilden, wenn auf Migranten- und Flüchtlingsabwehr statt auf Flüchtlings- und Asylpolitik gesetzt wird. Das ist ein neues Geschäftsfeld!

Es gibt derzeit 39 öffentlich finanzierte Projekte zur Sicherheitsforschung, zu militärischen Überwachungstechnologien an denen Unternehmen, wie Airbus, Saab, Siemens usw., beteiligt sind. Sie haben in den Jahren 2002 bis 2013 nur für die Forschung 225Mio. Euro verschlungen. Frontex, das Grenzmanagement der EU, hat seit der Gründung, im Jahre 2004, für die Koordinierung der Grenzkontrollen, die sie durchführen, mindestens 1Mrd. Euro gekostet. Diese Summen sind nicht Vermutungen der Journalisten, sondern mit Dokumenten zeigen konnten, dass diese Summen geflossen sind.

Das 2011 initiierte Eurosur Programm (European border surveillance system) das gemeinsame Informationsmanagement, um Daten, bspw. Fingerabdrücke, abzugleichen, hat bereits 200Mio. Euro gekostet. Hinzu kommen zweistellige Mio.-Beträge für die Überwachung der sogenannten Hardware, also Drohnen, Boote, der Zäune, die gegenwertig in vielen Ländern, in Spanien, Italien, Bulgarien gebaut werden. Hinzu kommen die eigentlich nur sehr schwer identifizierbaren Zahlen zur Deportation abgewiesener Migranten. Es scheint so, dass die Bundesregierung eigentlich keine transparenten Zahlen hat, nicht genau sagen kann, wie viel es sie kostet abgewiesene Migranten zu deportieren.

Was sie wissen ist, dass die aus den EU Staaten und aus Norwegen, Lichtenstein, der Schweiz und Island dokumentierten Kosten der Deportationen seit 2000, sich auf 11,3Mrd. Euro belaufen. Und dann haben sie versucht auszurechnen, was die Migranten selber in diesem Zeitraum für das Schleusen aufbringen mussten. Sie kommen auf eine Summe von 18Mrd. Euro. Jetzt kann man sich natürlich fragen, wenn das schon ausgegeben wurde, und das ist quasi die Spitze des Eisberges, das, was sie nachweisen können – das ist ja erst der Anfang. Wir werden mit den gefassten Beschlüssen, bspw. Natoeinsätze zu fahren, ganz andere Summen in die Hand nehmen für die Grenzabwehr -, was könnte man mit diesen Summen alles an sinnvoller Form von Flüchtlingshilfen leisten? Wird das Geld wirklich an die richtigen Stellen, an die richtigen Leute fließen?

Auf jeden Fall lauten meine Resümees:

  1. Die Globalisierung ist kein Frieden stiftendes Projekt, war es nie, wird es nie werden.
  2. Die soziale Ungleichheit wird in einem nie da gewesenem Ausmaß gefördert. Soziale Ungleichheit treibt Migration, Flucht und Unterdrückung voran.
  3. Die Mechanismen des Freihandelssystems machen die ökonomisch Starken stärker und schwächen die Schwachen.
  4. Die Ketteneffekte von Finanzkrisen höhlen ganze Volkswirtschaften aus, machen sie anfällig für Prozesse, die zu scheiternden Staaten führen.
  5. Die sozialen Fortschritte, die für das reichste Fünftel der Weltbevölkerung erreicht worden sind, nur um den Preis der Zerstörung der natürlichen Lebensgrundlagen aller Menschen, insbesondere der Menschen im globalen Süden, realisiert werden konnten.

Mit anderen Worten, die Versprechen der Globalisierung können nicht eingehalten werden (Beseitigung von Armut, Verbreitung von Demokratie, Menschenrechten und Frieden) und deswegen wird es keine Verringerung des Abwanderungsdrucks geben. Durch den Einsatz von Kriegsschiffen im Mittelmeer lassen sich diese Ursachen von Flucht und Migration nicht beseitigen. Man kann bestenfalls dafür sorgen, dass Fluchtprozesse noch chaotischer, noch tödlicher, noch ausbeuterischer, weil teurer werden für die davon betroffenen. Politiker können sich aber davon versprechen, dass sie gegenüber ihren Wählern zeigen, dass sie taff sind, dass sie etwas tun, das Territorium, in dem ihre Wähler leben vor Migranten zu schützen

Die finanziellen Kosten, die die Grenzsicherung verursacht, stehen, glaube ich, in keinem Verhältnis zu den Effekten, die sich darüber erwirken lassen, und deshalb würde ich zur Diskussion die einige Thesen am Schluss aufstellen. Es braucht lange Zeit um Migrationsströme zu stoppen oder umzukehren. Die Zeit, die uns bevorsteht, wird keine solche Zeit sein!

Wenn Entwicklungshilfe, was ja sehr häufig passiert, insbesondere durch die Europäische Union, mit dem Schließen von Grenzen kombiniert wird, so ist es nicht nur zynisch, es ist vor allen Dingen auch sehr teuer, wie wir wissen, und es ist vor allem nicht erfolgversprechend. Das, was man in Libyen versucht hat, wo man am Ende durch eine andere Art der Politik ein „Fail State“ provozierte, war herausgeworfenes Geld, um es nur unter dem monetären Aspekt betrachte.

Wenn Entwicklungshilfe mit Freihandelsabkommen kombiniert wird – das geschieht derzeit bei den Verhandlungen der EU mit Jordanien, Ägypten, Tunesien und Marokko – werden sogenannte tiefe und umfassende Fragen des Freihandelsabkommens verhandelt, über die ich jetzt nicht reden werde. Sie haben eines zur Bedingung: diese Länder sollen nicht nur Migranten zurücknehmen, sondern dafür sorgen, dass weniger Menschen aus ihren Ländern nach Europa ziehen.

Wenn das versucht wird, so ist das ebenfalls ungeeignet, weil die wachsende Ungleichheit und Perspektivlosigkeit der Menschen in Nordafrika dadurch auf keinen Fall reduziert wird und deswegen auch nicht die Flüchtlingsströme. Es werden zukünftig definitiv eher mehr als weniger Menschen für kurze oder längere Zeit, fern ihrer Herkunftsländer leben. Die absehbaren Umweltkrisen machen es unabdingbar, die Genfer Konventionen auszuweiten und auch Umweltflüchtlingen humanitären Schutz zu gewährleisten und damit auch Asyl zu gewähren.

Unmittelbar notwendig dafür sind, denke ich, die westlichen Staaten aber auch die sogenannten BRIC-Staaten (Brasilien-Russland-Indien-China-Süd Afrika), denn auch sie gehören inzwischen zu den reichen Staaten. (Diese Staaten müssten) das UNHCR, das Flüchtlingswerk der UNO, in der Höhe finanzieren, die ihrer Wirtschaftskraft entspricht. Das ist z.B. insbesondere bei China derzeit überhaupt nicht der Fall (möglich). Mittelfristig, denke ich, ist es unabdingbar, weil alles andere blauäugig wäre gegenüber dem Sachverhalt, dass Migration, Flucht und Vertreibung in den nächsten Jahren die Agenda bestimmen werden und eine dauerhafte und ausreichend finanzierte Organisation auf UN Ebene unter Anleitung des Flüchtlingshilfswerkes (eingerichtet wird) sehe, mit dem Mandat ausgestattet, die Belange von Flüchtlingen zu vertreten, ein Mandat, das ich ähnlich zwingend erachte, wie das des Sicherheitsrates. Da geht es auch um Sicherheit aber hier geht es um die Sicherheit von Menschen und nicht um die Sicherheit von nationalstaatlichen Grenzen. Das Flüchtlingshilfswerk, um es noch einmal klar zu stellen, ist eine Institution, die lediglich Nothilfe gibt und nur über Spenden finanziert wird. Es ist keine Institution bei der irgendjemand gezwungen ist irgendwas abzuführen.

Um das massenhafte Sterben und die chaotische Form jetziger Migrations- und Flüchtlingsbewegung zu beenden, müssen definitiv legale Einreisewege eröffnet werden, die in eine sichere und organisierte Ankunft münden und darüber hinaus, und es geht nicht nur um diejenigen, die migrieren wollen – und ich spreche gar nicht über die Argumente, die aus Sicht der Industrieländer dafür sprechen, dass wir Migranten brauchen, das ökonomische Argument, das natürlich nicht von der Hand zu weisen ist weil unsere Gesellschaft überaltert -, sondern, dass es ein Recht auf Migration gibt und deswegen auch vernünftige Einreisemöglichkeiten geschaffen werden müssen und nicht über diese gefährlichen Wege, die es aktuell vor allem gibt.

Darüber hinaus geht es, denke ich, darum, Rechte und Sicherheit aller Migranten zu garantieren und nicht Migranten einzusetzen um einheimische Arbeitsbedingungen zu unterbieten. Das kann man nur erreichen, wenn man den Migranten die gleichen Rechte gewähre, ansonsten werden sie natürlich als Schmutzkonkurrenz eingesetzt. Deswegen gibt es ja auch im Unternehmerlager nicht unbedingt wenig Argumente, weshalb man eigentlich nicht ein bisschen mehr Migranten brauchen könnte! Man kann das nur verhindern, indem man dafür plädiert, Migranten die gleichen Rechte zu geben. Das gilt insbesondere für weibliche Migranten.

Eines steht fest: weibliche Migranten, wie Frauen überhaupt, sind Schlüssel der Entwicklung. Ich kann das jetzt nicht ausführen, aber wenn ich Frauen schütze, wenn ich weibliche Migranten schütze, schütze ich auch vernünftige Netzwerke der Migration. Das hat mit diesem unsinnigen Beschluss, Familienzusammenführung zu erschweren. Auf jeden Fall lautet die zentrale Message, die ich hier rüber bringen möchte: Migration ist weder eine Katastrophe, noch eine Invasion.

Sie ist schlicht unvermeidbar. Sie gehört zur Menschheitsgeschichte und sie wird vor allem aus den von uns selbstverursachten Gründen in nächster Zeit nicht weniger, sondern mehr! Sie ist die älteste Strategie der Armutsreduzierung, die es gibt und sie ist eine Kraft des Guten im Sinne von menschlicher Entwicklung. Die Frage ist nur, wie wir sie gestalten, so, dass sie für alle Beteiligten, Aufnahme- und Sendeländer, akzeptabel ist.

Etwas sehen wir nicht, wenn wir sagen „wir wollen die Migranten, die wir gut auf dem Arbeitsmarkt unterbringen können“. Also meine Studenten wollen alle gerne hier bleiben und niemand legt ihnen großartige Hindernisse in den Weg. Aber für die Herkunftsländer ist es eine ziemliche Katastrophe. Das läuft unter dem Stichwort „Braindrain“, also Abfluss von Gehirn, weil dort wurden die Lehrer, die Ärzte, die Krankenschwestern, die Ingenieure, die IT-Spezialisten ausgebildet. Natürlich kann ich es meinen Studenten nicht verwehren, wenn sie gerne hier bleiben wollen, wenn man ihnen hier ein gutes Gehalt anbietet. Warum sollen sie unbedingt in Länder zurückgehen, in denen alles schlechter ist, als bei uns. Aber dafür bräuchten wir auch andere Formen von internationalen Kooperationen.

Einer meiner kenianischen Studenten hat in seiner Masterarbeit den wunderbaren Vorschlag entwickelt, man sollte über Steuersystem nachdenken. Das, was sie hier in den ersten Fünf Jahren einnehmen, ein Teil der Steuern in die Herkunftsländer abgeführt werden. Das würde eine direkte Budgethilfe bedeuten. Über solche Dinge haben wir nachzudenken, weil es nicht sein kann, dass wir aus den Entwicklungsländern das Gehirn abziehen und ansonsten Mauern gegen diejenigen bauen, von denen wir sagen, das sind die Armen, die wir dann doch nicht wollen. Ich habe hier ein Bild von etwas, wie einem Sack auf einer regennassen Straße. Bei genauerem Hinsehen ist es eine afghanische Frau, die am Straßenrand sitzt. Eins dieser Länder, die wir per Definition zu sicheren Herkunftsländern erklären wollen.

Mein letztes Statement lautet: es gibt keine Möglichkeit, der Massenmigration Einhalt zu gebieten, solange das zerstörerische Werk von einer Ungleichheit produzierenden Globalisierung nicht beendet wird. Wir können aber damit beginnen, den Ärger über Probleme, die uns diese Massenmigration bereitet nicht auf die abzuladen, derer man am leichtesten habhaft werden kann und am wenigsten dafür verantwortlich sind. Ich habe ein Zitat von bereits erwähnten polnischen Sozialwissenschaftler, Zygmund Baumann, der in England lebt: „Humanity is in crisis, and there is no exit from that crisis other than solidarity among humans“, mit anderen Worten: Die Menschheit als Ganze und damit auch die Humanität als Ganze, ist in einer tiefen Krise und auf diese Krise kann man durch nichts anderes als durch Solidarität antworten. Denn wenn wir das nicht tun, begeben wir uns selbst in Gefahr, die Gefahr zu verrohen und zu wiederholen, was dieses 20. Jahrhundert in so reichhaltiger Form produziert hat.

Es gibt einen sehr bekannten nordamerikanischen Historiker, Namens Snyder, der kürzlich mit einer These an die Öffentlichkeit getreten ist. Er stellte fest, dass es irgendwie auffällig ist und ihn seit vielen Jahren beschäftigt, dass die nationalsozialistische Vernichtungsmaschinerie östlich der Elbe, den späteren Ostblockstaaten, in einem viel größeren Umfang gewütet hat, als in Frankreich, Spanien, England usw. Er hat eine These, die jetzt von den Historikern überprüft wird, deshalb stelle ich sie nur so in den Raum. Die These lautet: „Dass das möglich war, war eine Folge der Tatsache, dass es dort den Nazis gelungen ist auf eine radikale Art und Weise Staatlichkeit zunichte zu machen, quasi auszulöschen.“ Das bedeutet, dass jede Art von Staatlichkeit – was nicht bedeutet, dass die mit den Nazis kollaborierende Vichy-Regierung eine ehrenhafte Regierung gewesen ist – die beseitigt wird, beseitige ich quasi alles, was sich einem wütenden Mob entgegenstellen könnte.

In diesem Sinne, denke ich, dass Humanität über Solidarität hergestellt wird, und nicht über das „was nützt es mir“, vielmehr „was schadet es mir, wenn ich als einziges an diese ökonomischen Motive denke.“

Danke für Ihre geduldige Aufmerksamkeit!

Es folgten Redebeiträge und eine kurze Fragerunde. Moderation Dr. Uli Brack

Schreiben Sie einen Kommentar