29 Mrz 2015

EU – eine utopische Chance? Ein Plädoyer

von Pan Pawlakudis

 

Am 25. März 1957 wurde die EWG gegründet. Ein im Grunde lockerer Bund gleichgesinnter Staaten, der sich am US-Amerikanischem Gründungsgeist orientierten. Welchen Zweck verfolgten die Väter des EWG-Vertrages?

Offiziell und veröffentlicht:
„Zusammenschluss europäischer Staaten zur Förderung gemeinsamer Wirtschaftspolitik im Rahmen der europäischen Integration“

Nicht öffentlich:
Die Vermeidung künftiger kriegerischer Konflikte und nationaler Alleingänge, durch Prävention.

„Philosophisch betrachtet, eine durchaus positive und vernünftige Idea“, würde Aristoteles behaupten, dem Sokrates zynisch entgegnen würde „Utopia“. Wer hat nun Recht? Die Aristotelische Sicht setzt Vernunft voraus, die Sokratische, das Leugnen des Menschlichen, um dies zu erreichen. Kant liegt näher an Platon: Der Mensch ist grundsätzlich gut…

Als Prinzipien des bürgerlichen Zustandes gibt Kant drei Punkte an:

  • Die Freiheit jedes Gliedes der menschlichen Sozietät.
  • Die Gleichheit desselben mit jedem anderen.
  • Die Selbstständigkeit jedes Gliedes eines gemeinen Wesens.

Wenn das Erkennen in einer Höhle zu leben (s. Platon) eintrifft, erhöhen sich die Chancen Neues zu entdecken. Man muss lediglich die richtigen Fragen stellen! Sind die Schattenbilder vom Widerschein des Feuers Realität oder lediglich eine Frage der Betrachtung, innerhalb, resp. außerhalb der Höhle? Ist einer kleinen Gemeinschaft (Familie, Dorf, kleine Stadt) möglich Kompromisse zu suchen um im Mit-Einander harmonisch zu leben, reduzieren sich diese Chancen mit Zunahme individueller Bedürfnisse. De facto wird es schwieriger dem Sog der Höhle zu widerstehen. Haben die Initiatoren und Lenker der paneuropäischen Idee vorausgesetzt, dass sich die Bürger ihrer Länder außerhalb ihrer persönlichen Höhle befinden? Ich denke nicht. Das wurde gewiss auch so erkannt: Es musste daher daran gearbeitet werden. Mit Erziehung!

Weder Ziel noch Weg dahin sind illegitim, solange der Vorsatz legitimiert: Der Friede unter den Europäischen Völkern. Wissen zu vermitteln, um des Wohlstands und Fortschritts Willen, ist das Eine, Leugnung und Manipulation geschichtlicher Wahrheiten, um diese Ziele zu erreichen, das Andere. Widerspricht es nicht der Legitimität des Vorsatzes? Ist hier ein gewisser Machiavellismus erkennbar? Genauso wie die Dolchstoßlegende, eine Legende ohne Wahrheitsbezug ist, ist der Versuch der Egalisierung von Individualität unter dem knock-out-Kriterium marktwirtschaftlicher Interessen und nicht Vernunft und Menschlichkeit, gefährlich und bedarf eines komplexen Wesens von Wahrheiten, Halbwahrheiten und Lügen. Wird der Mensch gesellschaftlich erzogen und gebildet um zu erkennen, oder wird ihm vielmehr klargemacht, dass außerhalb seiner Höhle nichts ist.

„Man kann kein Volk führen ohne zu betrügen“ [Machiavelli].

Die erste Phase – der Vereinigung Europäischer souveräner Staaten zu einem Vereinigten Europa – glückte über die EWG-Lösung. Hinzu kamen über das Schengen-Abkommen Staaten im Anwartsstatus, die noch nicht so weit waren der EWG beizutreten und ihre Souveränität stückweise zur Disposition zu stellen. Bestes Beispiel für den sich verschärfenden Prozess unter allen Umständen EU-Mitglieder anzuwerben, ist die Schweiz. Es ist den Schweizern nicht beizubringen, welche Vorteile sie über die EU-Mitgliedschaft gewönnen, heißt es! Zweifellos waren die Gründerväter der EWG, Staatsmänner, die gewiss eine fortschrittlichere Sichtweise teilten als der Rest ihrer Staatsangehörigen. Der gemeinsame Wirtschaftsraum als Chance für gemeinsames Wachsen und Zusammenleben. Haben wir uns dieser Idee, 50 Jahre später, größtenteils entledigt? Ich denke, ja.

Aus einer Gemeinschaft politischen und kulturellen Fortschritts, ist eine oligarchisch kapitalisierte Konkurrenzgemeinschaft geworden. Die dominanten Werte in der Wertegemeinschaft der Europäischen Union sind Wettbewerbsfähigkeit und Rendite, die unter jedem Umstand maximiert werden müssen. Ein Begriff aus der Volks- und Betriebswirtschaftlehre, die Einzug gehalten hat in die Führung von Völkern und ihrer Generationen sowie die Technisierung einer Gesellschaft. Der Versuch die alte Höhle zu verlassen, führte lediglich in eine größere. Die Straßenbauer von Höhle A nach Höhle B missverstanden das Platonische Bild oder legten bewusst den Pfad in diese Richtung, in der wir uns jetzt befinden.

Wir haben verlernt die richtigen Fragen zu stellen und überlassen einem sich selbstnährenden System für uns zu denken. Die Suggestion des Alchimistentraums, aus Blei Gold zu machen, wird den heutigen Menschen auf gesellschaftliche Ebene als erreicht verkauft, obwohl nicht schwer zu erkennen ist, dass dem nicht so ist! Wer aber von den Staatslenkern hat den Mut und die Einfallt zu sagen „Der Kaiser ist nackt“.

Prozesse, die Jahrhunderte andauern, wurden in den letzten 50 Jahren komprimiert. Ist ein sich in einem Schnellverfahren erzwungener EU-Großstaat das hehre Ziel um sich eine globale Handlungsfähigkeit zu sichern? Wenn, ja, weshalb konkurrieren EU-Staaten miteinander wie Unternehmen. Wieso wird auf der einen Seite die Gemeinsamkeit und Solidarität beschworen und auf der anderen lediglich eine halbherzige Politik der gemeinsamen Währung, ohne gemeinsame Wirtschafts- und Währungspolitik, betrieben. Der Länderfinanzausgleich der Bundesrepublik Deutschland bspw., war die richtige und gerechte Entscheidung. Nationale Solidarität! Weshalb ist es auf EU-Ebene nicht auch längst der Fall. Der Überschuss des Einen, fehlt an gleicher Stelle dem Anderen ohne die Chance zu haben, aufgrund des Euro-Regelwerkes, diese Defizite auszugleichen. Ist das „Made in Germany“ dem „Made in Europa, Quality by Germany“ vorzuziehen. Ist es nicht an der Zeit endlich damit anzufangen, die Vereinigten Staaten von Europa ernst und in die eigene Hand zu nehmen?

Die EU darf nicht das Spielfeld des marodierenden Kapitals und ihrer pathologisch gewissenlosen Profiteure bleiben. Menschen stehen im Vordergrund, Regeln und ethische Werte sind wichtig, nicht Interessen! Die Europäische Union ist eine Chance, wenn sie auf Basis gemeinsamer Bildung, Wirtschaft, Währung und Sprache verstanden wird. Wird sie nur bei Letzterer scheitern oder an mehr? Was wäre aus der Welt geworden, hätten die antiken Griechen den Gedanken Platons weiterverfolgt, keine Kriege untereinander geführt und Nachbarvölker eingeladen, Utopia Realität werden zu lassen.

 

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