05 Dez 2018

Der geizige Staat

Deutschlands Infrastruktur verkommt. Drittklassige Politiker lassen einen schwerwiegenden Substanzverlust zu – weil sie ihre Handlungsmöglichkeiten selbst beschnitten haben

von Prof. Dr. Heinz-J. Bontrup

 

Wie viel Geld hat der deutsche Staat seit der Wiedervereinigung von 1991 bis 2017 an Bruttoanlageinvestitionen für die gesamte öffentliche Infrastruktur verausgabt? Es waren 1.443,4 Milliarden Euro. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt entsprach dies nur  2,3 Prozent. In diesen Werten ist der Aufbau der in der DDR unterentwickelten Infrastruktur bereits enthalten. Nur die Bruttoanlageinvestitionen zu betrachten, springt aber zu kurz. Erst wenn man die Abschreibungen auf den bestehenden Kapitalstock berücksichtigt, erhält man die entscheidenden Nettoanlageinvestitionen. Sie zeigen uns erst die wirkliche Veränderung der Infrastruktur an.

Und wie ist hier der Befund? Die Abschreibungen lagen von 1991 bis 2017 bei 1.385,8 Milliarden Euro, so dass die gesamten Nettoanlageinvestitionen auf einen nur unglaublich niedrigen Wert von 57,5 Milliarden Euro kamen. Bezogen auf das Bruttoinlandsprodukt betrug der Anteil kaum messbare 0,1 Prozent und die Wachstumsquote der Infrastruktur lag bei lediglich 0,04 Prozent. Von 2003 bis 2008 und von 2013 bis 2016 fielen die Abschreibungsbeträge auf den Kapitalstock sogar größer als die Bruttoanlageinvestitionen aus, so dass es hier zu einem schwerwiegenden Substanzverzehr bei der öffentlichen Infrastruktur gekommen ist.

Mehr Politikversagen geht nicht. Es ist unerträglich, wie drittklassige Politiker das Land verkommen lassen. Von Ökonomie keine Ahnung und zusätzlich noch verbandelt mit den Vermögenden. Wenn die herrschende Politik eine Schuldenbremse in die Verfassung schreibt und dabei eine kreditfinanzierte Investitionspolitik so gut wie ausschließt, dann müssen die Steuern erhöht werden. Bei den Vermögenden! Das traut sich Politik aber nicht und läßt lieber die öffentliche Infrastruktur verfallen. Dabei wäre es so einfach. Ein Blick in die Vermögens- und Finanzierungsrechnung Deutschlands würde genügen. Hier sieht man dann, dass die privaten Haushalte von 1991 bis 2017 um 2.996,9 Milliarden Euro reicher geworden sind. Natürlich ist dieser gigantische Vermögenszuwachs nicht gleichverteilt worden, sondern kam hochkonzentriert bei nur Wenigen an. Wenn diese Wenigen nur einigermaßen richtig besteuert würden, wäre das staatliche Unterinvestitionsproblem sofort beseitigt und Deutschland hätte eine Infrastruktur, die es benötigt.

 

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