15 Feb 2019

Hinter den Kulissen

von Wilhelm Neurohr

 

„Münchener Sicherheitskonferenz – Das Schweigen der Medien“

Die 55. „Münchener Sicherheitskonferenz“ vom 15. bis 17. Februar 2019 nimmt in der Berichterstattung der Medien wieder breiten Raum ein. Das ist gut so, denn sie nimmt für sich in Anspruch, die Modelle künftiger Weltordnung zu erörtern. Doch guter oder schlechter Journalismus erweist sich allein darin, inwieweit alle Zusammenhänge und Hintergründe dieser Konferenz hinreichend gewürdigt werden, ebenso die kritischen Seiten des weltweit größten Treffens seiner Art. Hier sehe ich erhebliche Defizite und grobe Versäumnisse in der Berichterstattung und Kommentierung über die skandalösen Geschehnisse hinter den Kulissen.

Die Tatsache, dass unter den ausgewählten 600 Teilnehmern und Teilnehmerinnen in diesem Jahr 35 Staats- und Regierungschefs sowie 50 Außenminister aus aller Welt vertreten waren, verleiht der Konferenz  zwar so etwas wie einen offiziellen Anstrich. Dies umso mehr, als auch wieder unsere Bundesregierung mit der Bundeskanzlerin und 5 Ministerinnen und Ministern von CDU und SPD dort präsent war.

Dass sich jedoch die Mehrzahl der geladenen Gäste aus Vertretern der Wirtschaft, der Rüstungsindustrie und hochrangiger Militärs zusammensetzt und die Tagung zugleich das einzige Treffen der weltweit wichtigsten Geheimdienstchefs ist, geht zumeist in der Berichterstattung unter. Und wo findet man schon den aufschlussreichen Hinweis darauf, dass die privat organisierte Tagung zu 90 Prozent von führenden deutschen Wirtschaftsunternehmen und von Rüstungskonzernen bezahlt wird? Organisiert wird sie von dem Münchener Unternehmen „Stiftung Münchener Sicherheitskonferenz GmbH“, die als „gemeinnützig“ anerkannt ist.

In deren Beirat sitzen u. a. der Aufsichtsratsvorsitzende der Deutschen Bank, die Vorstandsvorsitzenden der Allianz-Versicherung, der Airbus Group, des Energiekonzerns ENBW, der Rüstungsfirma Kraus-Maffei-Wegmann sowie ein ehemaliger NATO-Kommandeur, nebst der deutschen Verteidigungsministerin von der Leyen und dem pensionierten bayrischen Ex-Regierungschef Stoiber – eine illustre Gesellschaft – ohne Berührungsängste und Interessenkonflikte zwischen Politik, Wirtschaft und Militär? Das zeigte sich schon beim Seitenwechsel der Ex-Minister Niebel (FDP-Entwicklungsminister) und Jung (CDU-Verteidigungsminister) als Lobbyisten zum Rüstungskonzern Rheinmetall.

Sponsoring durch Konzerne

Dieser gemischte Beirat bestimmt auch den jeweiligen Teilnehmerkreis der jährlichen Sicherheitskonferenz. Zumeist buhlen die Teilnehmer regelrecht um den Zutritt zu dieser exklusiven Veranstaltung, darunter auch stets die Vorstandschefs der großen Konzerne. Das lässt sich die Wirtschaft auch etwas kosten. Zu den Sponsoren gehören in diesem Jahr die „Waffenschmieden“ wie Krauss-Maffei Wegmann, MBDA Raytheon, Hensoldt oder Blockheed Martin, außerdem der Technologiekonzern Linde AG, der Versicherungskonzern  Allianz SE, BMW und die Robert-Bosch-Stiftung als beteiligte Veranstaltungspartner.

Das hält unsere Bundesregierung nicht davon ab, zusammen mit der bayrischen Landesregierung und der Stadt München ebenfalls über eine Million Euro als „Projektförderung“ für Personal und Sachkosten aus öffentlichen Steuergeldern beizusteuern, plus den kostenlosen Einsatz von über 4.000 Polizisten zum Schutz der erlauchten Gäste.

Vor allem die Tatsache, dass es jenseits des offiziellen Hauptprogramms um das Wesentliche geht, nämlich um gute Geschäfte, bleibt in den Medien unerwähnt. Denn die ergänzenden Meetings neben der Hauptkonferenz sind das Wesentliche. Dort wurde zuletzt eng zusammengearbeitet, z. B. mit der Spitzen der Telekom, der Deutschen Bank, des Baukonzerns Bilfinger Berger, der Energieversorgers RWE und E.ON und anderen.

Wen wundert es, dass die Zivilgesellschaft wieder Gegenaktionen der Rüstungsgegner und eine „Friedenskonferenz“ in München organisiert, wohl wissend, dass die Medienaufmerksamkeit darauf kaum gerichtet wird. Dabei geht es um so wichtige Fragen, wie die anhaltenden Verstöße  gegen die Rüstungsexportrichtlinien, etwa auch durch Rheinmetall und insbesondere durch Heckler & Koch. Hier kam beim laufenden Gerichtsverfahren zur Sprache, dass Beamte des Bundeswirtschaftsministeriums der Rüstungsfirma Tipps gegeben hatten, wie man die Exportrichtlinien legal umgehen kann. So macht sich die Nähe zwischen Politik und Rüstungswirtschaft auch auf der Münchener Sicherheitskonferenz bezahlt. Dies alles verträgt keine Medienöffentlichkeit, denn die Medien sind Teil des Netzwerkes, wie etwa 2013 die „Frankfurter Allgemeine“ als Mitveranstalter des begleitenden „Energy Securita Summet“…

 

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